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Wenn unser Körper immer nur im Warmen leben darf, dann schmollt er. Also, er macht dann nur noch Dienst nach Vorschrift. Höhenflüge der Glückseligkeit und seidige, gut durchblutete Haut? Fehlanzeige. Warum? Unser Körper-Geist-Emotions-System ist für Temperaturwechsel gebaut, denn wir hatten in rund 400.000 Jahren fast täglich mit Kälte und Wärme zu tun. Die Höhlen, Hütten und Jurten von Homo sapiens waren nämlich nicht mit Styropor oder Mineralwolle isoliert. So schliefen wir auch im Sommer deutlich kühler als heute.
Noch vor wenigen 100 Jahren liefen unsere Vorfahren oft barfuß oder in Sandalen ohne Socken. Wäsche wurde am Fluss gewaschen und beim Durchqueren nasser Wiesen und Waldböden bekam man mindestens kalte Füße oder Hände. Der Effekt: Unser Hypothalamus im Gehirn war ständig in Aktion, um die Körpertemperatur im optimalen Bereich zu halten. Zwischen 36,5 und 37,5 Grad Celsius. Winterdepressionen oder November-Blues waren daher vielleicht unbekannt, weil kalte Bäder unsere Laune heben und sogar Depressionen abwenden können, wie das Magazin Psycology Today* berichtet.
„For the treatment of depression, it is suggested that cold exposure therapies may be the best choice.“
Peter Buongiorno, Autor von How Come They’re Happy and I’m Not? The Complete Natural Program for Healing Depression for Good.
Wir wissen durch Wim Hof und Sebastian Kneipp inzwischen viel über die Lifehacks mit der Kälte. Also brauchen wir nicht zum Lifestyle eines Keltenfürsten zurückzukehren, um die coolen Wirkungen zu nutzen. Schon nach 30 Sekunden kalter Dusche beginnen die positiven Effekte. Die sogenannte „kalte Thermogenese“ setzt ab 16 °C oder niedriger ein und schenkt uns direkt für Stunden mehr geistige Klarheit, Energie und Wachheit für unsere Aufgaben. Und mittelfristig fühlen wir uns so fit, dass wir uns seltener krank melden und weniger Erkältungen bekommen.
Die Kälte hilft uns auch dabei, Stress abzubauen und entspannter durch den Tag zu gehen. Kaufe dir dein Ticket für „Eisbaden im Heilklima„.
Was passiert in deinem Körper, wenn Du eine kalte Dusche wagst oder dich in einen kalten Bergbach legst? Ein unbekanntes Muskelsystem kontrahiert: Deine Blutgefäße. Mit einem Anstieg von 200-300 Prozent an Noradrenalin ziehen sich die Gefäße unter der Haut und in Armen und Beinen zusammen – ein super Workout für die runden Minimuskeln. Und diese rund 100.000 Kilometer Blutgefäße sind schließlich enorm relevant für unsere Gesundheit, versorgen sie doch alle Bereiche des Körpers mit Sauerstoff und Nährstoffen.
Die clevere Reaktion unseres Körpers führt dazu, dass weniger Wärme abgestrahlt wird. Dann bildet sich ein kühlerer äußerer Blutkreislauf und ein warmer in Kopf und Rumpf – so bleiben wir sogar im Eisbad geistig leistungsfähig und die inneren Organe warm und sicher. Übertreiben sollte man den „Cold Dip“ trotzdem nicht, denn im kalten Wasser kühlt sich unser Körper 25 bis 30 Mal schneller ab als an der kalten Luft. Und wenn Wind auf nackte Haut trifft, kühlen wir ebenfalls rascher aus. Ganz besonders wenn unsere Kleidung nass wird. „Das liegt daran, dass das Wasser auf der Haut und Kleidung verdunstet und dadurch Körperwärme, entzogen wird,“ erklärt die DLRG**.
Auch unvorbereitet und ohne geschulte Anleitung kann man gut mit dem kalten Duschen beginnen, aber fürs Winterschwimmen oder Eisbäder empfiehlt sich der Einstieg mit geschulter Begleitung. Denn jeder Körper kommt irgendwann – je nach individueller Gesundheit und Kältetraining – an seine Grenzen.
Wenn du dein Gesicht mit kaltem Wasser wäschst, setzt dann der Säugetier-Tauchreflex ein? Und wird dein Herzschlag langsamer, um weniger Sauerstoff zu verbrauchen? Diese Fragen werden unter Apnoetaucher*innen und Forschern diskutiert. In einer deutschen Studie*** hat man diesen Effekt tatsächlich gemessen, wenn er auch nicht so extrem war, wie bei Walen oder Robben. Allerdings zeigte sich ein Trainingseffekt: Der Herzschlag von erfahrenen Taucher*innen verlangsamte sich deutlicher als von untrainierten, wenn Hals und Gesicht unter Wasser kamen.
Wir haben es von unseren Müttern gehört: Zieh dich warm an, sonst erkältest du dich. Wissenschaftliche Studien kommen aber wohl nicht zu diesem Ergebnis, wie eine spannende Zusammenfassung im Magazin Spektrum der Wissenschaft**** zeigt. Dort heißt es: „Gut Gelaunte bekommen deutlich seltener eine Schnupfennase als Missmutige, und falls überhaupt, dann eine wesentlich weniger tropfende – und zwar unabhängig von Alter, Geschlecht und Antikörperstatus. Je optimistischer, extrovertierter, geselliger, entspannter und ausgeschlafener, umso besser ist man vor einer Erkältung gefeit und umso weniger kann einem die Kälte etwas anhaben.“
All diese Reaktionen unseres Körpers sind nur ein kleiner Einblick in die erfrischende Beziehung mit der Kälte, die unser Körper in Hunderttausenden von Jahren aufgebaut hat. Sie zeigen: Unser Körper ist auf Kältereize eingestellt – vom Herz-Kreislauf-System bis zum klaren Kopf und unserer Motivation bei der Arbeit. Lasst uns also über unseren Schatten springen und dem Körper gönnen, was uns erfrischt und belebt: Wärme und Kältereize für ein gesundes und „reiz-volles“ Leben.
*Peter Buongiorno in Psycology Today 06/2014: A Cold Splash–Hydrotherapy for Depression and Anxiety | Psychology Today
**DLRG Deutsche Lebensrettungsgesellschaft: RS_in_der_Schule.indd (dlrg.de)
*** Dissertation von Christoph Walter Johann Heek, 2007: Untersuchungen zum Tauchreflex beim Menschen<br/>und zu Atemgrößen beim Gerätetauchen (uni-duesseldorf.de)
**** Spektrum der Wissenschaft, 12.02.2018: Verursacht Kälte eine Erkältung? – Spektrum der Wissenschaft
Bilder: Unsplash / Marvin Meyer / Max Goncharov / ElCarito, Depositphotos / Vladimir Baz / Kikujungboy
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